Sonntag, 3. Februar 2013

G OLD P AP E RT A LKS MI T J U LI A.



Ich stelle mir das Innenleben von Julias Kopf ungefähr so vor: viele bunte Straßen auf weißem Untergrund, die sich kreuzen, aber doch ganz geordnet sind. Auf diesen Straßen fahren kreative Ideen. Formuliert in großen Lettern. Was für diese etwas abstrakte Idee spricht sind Julias Antworten auf meine Fragen und ihr Blog philuko. Beide sind hervorragend inspirierend, bunt, schlicht, persönlich und einfach leuchtend anders. Ach und ihre Ideen fahren dann natürlich auch aus ihr heraus und nehmen hier Gestalt an...


Liebe Julia, verrate mir deine Magazinfavoriten!
Ich mag den Weekender und das Froh Magazin sehr gerne, und Magazine von Kunsthochschulen – wie das Some Magazine von der Burg Giebichenstein Halle oder Vier, das Magazin der Hochschule für Künste Bremen. Für Kinder ist die KindertSeitung ganz toll.

Kaufst du dir schnell ein neues Magazin?
Ja, weil ich irre neugierig bin. Sobald ich irgendwo etwas Neues sehe, will ich wissen, wie es ist.

Du bist Grafikerin. Hast du eine Spezialempfehlung?
Die Werke aus dem Lubok-Verlag. Ich weiß nicht mehr, wie ich diese Kleinod entdeckt habe  – in den Weiten des Netzes verliert man sich ja all zu oft und gelangt durch Zufall irgendwohin, wo man hängen bleibt. Es ist jedenfalls ein Verlag in Leipzig, der ganz feine Kunstbücher herausgibt. Der Verlag wurde 2007 gegründet von Christoph Rückhäberle, einem Künstler, der der sogenannten Neuen Leipziger Schule zugerechnet wird. Ruckhäberle’s Linolschnitte begeistern mich! Ich beobachte gerade einen auf Ebay. Ich möchte unbedingt ein Werk von ihm besitzen.


Außerdem hat Ruckhäberle die weltschönsten Limo-Etiketten gestaltet. Leider gibt es die Lipz Limo nicht in meinen Breiten. Ich musste sie mir von meinen Verwandten, die glücklicherweise näher dran sind, zuschicken lassen. Die zwei Flaschen mit den bunten Männchen stehen in der Küche im Regal und werden gehütet wie ein Schatz. Niemals werden sie im Altglas landen.


Wo findest Du Inspiration für deine eigenen kreativen Arbeiten?
Oh, das ist ganz unterschiedlich. Es gibt so viele Quellen. Gut gemachte Kataloge wie die von Toast, Auerberg, Nils Holger Moormann und Anthropologie können inspirieren. Außerdem besuche ich sehr gerne Kunstausstellungen, schaue mir die Auslagen von handwerklichen Schule an (allen voran die Schnitzschule in Garmisch), lese Magazine und Blogs... oder ich streune durch die Natur und entdecke dort Dinge, die sich weiterverarbeiten lassen. Wie das Farnblatt, das zur Weihnachtskarte wurde. Und manchmal sind meine Kinder die Ideengeber. Neulich kam meine Tochter zurück aus der Schule mit einem riesigen Blatt in der Hand. Auf den Kopf gestellt sah es aus wie eine Birne. Wir haben das Blatt gepresst und gerahmt. Und jetzt hängt das gute Stück in der Küche. Meine kleine Tochter malt sehr gerne. Die Art, wie sie Dinge sieht, aufs Papier bringt, ausschmückt und bemustert hat mich schon oft zum Weiterspinnen angeregt. Von Kindern kann man viel lernen.


Sammelst du Magazine?
Nein, Magazine nicht. Aber Stühle und Portraits. Magazine werden bei mir nachdem ich sie ausgelesen habe sofort entsorgt. Ich habe einfach zu wenig Platz. Bis auf die schönsten, die wandern ins Regal und ich ziehe sie immer mal wieder raus und schaue sie mir an.


Wie ist dein Verhältnis zu Typographien?

Ich liebe gute Typographie in jeglicher Form. Selbst arbeite ich gerne mit einzelnen Buchstaben als grafischem Motiv. Für eines meiner Kissen habe ich mit dem Pinsel einen Schriftzug gemalt oder einen Elefanten aus Buchstaben konstruiert. Und ich habe ein Portrait gefertigt, das aus lauter Schreibmaschinen-Xen besteht. Toll auch, wenn Buchstaben zu Wohnaccessoires oder Möbelstücken werden, wie die Buchstabenhocker von Sascha Grewe  oder die Leuchtbuchstaben aus dem Hamburger Typo-Paradies freundts – von beiden besitzen wir Stücke.Und seit letzter Woche trage ich sogar Typo am Körper! So sehr mag ich Lettern.

Schreibst du noch Briefe oder Postkarten?
Oh ja. Seit meiner Kindheit. Ich hatte Brieffreunde in England, Spanien, Italien und Australien. Leider beruht das meist nicht auf Gegenseitigkeit. Das Internet hat das Briefeschreiben wohl ziemlich verdrängt – und nette Mails sind ja auch was Feines und es geht so schön schnell. Der „echte“ Brief, den man anfassen und in einer Kiste aufbewahren und immer wieder herauskramen kann, hat dadurch etwas Besonderes bekommen. Ich schreibe zur Zeit wöchentlich eine Karte oder einen Brief an Nina (besser bekannt als Fräulein Text). Wir haben uns ein Projekt erdacht: Jede Woche ein Brief-Wechsel. Ein ganzes Jahr lang. Wir sind gerade in der Mitte, so ungefähr... mal sehen, ob wir das durchhalten. Aber ich bin zuversichtlich. Mir macht das großen Spaß. Ich führe Liste, welche Karte ich schon verschickt habe, damit Nina nicht zwei Mal das gleiche Motiv bekommt. Überhaupt habe ich festgestellt, dass einige Blogger hinter den Kulissen sehr regen Briefkontakt pflegen. Das finde ich toll.

Bewahrst du einige Schriftstücke auf?
Ich habe ganz viele Briefe aus meiner Jugend, gut verwahrt in meinem Nachtschränkchen. Von Zeit zu Zeit lese ich sie durch. Ich kann mich im Allgemeinen sehr gut von Dingen trennen, aber  bleiben für immer. Ein Brief, den mir mein Vater geschrieben hat, als es mir mal nicht so gut ging, ist dabei das wichtigste Schriftstück.

Schreibst du gern? Und mit welchem Material?
Ich schreibe total gern und lege Verkäufen stets eine persönlich verfasste Karte bei. Das ist mir wichtig. Ich habe schon als Kind immer gekritzelt, alles voll geschrieben und die Schriften anderer nachgeahmt. Seltsamerweise schreibe ich am besten mit einem Edding CD Marker. Der macht wirklich eine schöne Schrift und ist tiefschwarz, fast wie Tusche. Eine Kundin hat mir daraufhin geschrieben „Was für einen Stift verwendest du?? Das ist ja ein unglaubliches Schriftbild!“ Das fand ich lustig. Mit Tinte schreibe ich aber auch oft.

Hast du ein Lieblingspapier?
Ich liebe Papier! Ich habe kein bestimmtes Lieblingspapier, mag aber gerne Papier, die nicht reinweiß sind, sondern einen leichten Ton haben – und matt muss es sein! Recyclingpapier oder Papier in Creme- und Pastelltönen bevorzuge ich. Das Papier im Weekender gefällt mir z.B. sehr. Ich habe mit Papier schon einiges angestellt. Einen Lampeschirm gebaut, eine Schale geformt, Scherenschnitte kreiert... Dieses Material ist so vielseitig. Mein neuestes Objekt ist der Schnipselhocker. Der entstand folgendermaßen: Wir fuhren an einer Papier-Recyclingfirma vorbei. Im Hof standen riesige Berge von Papierschnipselbündeln. Ich sagte: „Ich will auch so was, das sieht aus wie ein gemütlicher Hocker“. Erst dachte ich, die Firma könnte mir vielleicht einfach so ein Bündel überlassen. Aber von Nahem betrachtet waren das Riesenklötze, viel zu groß – und zu schwer! Also musste ich selbst tätig werden und auf einen Styroporrohling unendlich viele Papiersstreifen kleben. Das war eine Heidenarbeit – alle fünf Familienmitglieder waren mit von der Klebepartie. Und jetzt erfreue ich mich immer, wenn ich den Hocker neben mir sehe, mein Glas oder mein Buch darauf ablege, an diesem Schnipselwerk. Die Arbeit war es wert. Papier ist toll, weil man so viel damit machen kann!

Wie liest Du? Zwischendurch oder nur ganz bewusst?
Oh, ich würde gerne – aber Lesen mit Ruhe ... das ist ganz schlecht vereinbar mit drei Kindern. Tagsüber komme ich so gut wir gar nicht dazu, weil immer Trubel ist. Vormittags arbeite ich. Und abends bin ich oft kaputt und das Lesen kommt meist zu kurz, zumindest das Lesen von Büchern. Kurzweiliger und entspannender ist das Lesen von Magazinen.

Empfindest du große Unterschiede beim Lesen zwischen Blogs und Magazinen?
Ja. Ich mag das gedruckte Wort eindeutig lieber. Am Bildschirm lese ich nicht so gerne, es strengt mich an. Es ist eher ein Schauen statt ein Lesen. Meine Augen werden beim Lesen am Bildschirm schnell müde (ich könnte niemals ein Buch auf dem­­­ Kindle lesen). Meine tägliche Blogrunde ist für mich aber Hochgenuss: Inspiration, Unterhaltung, Austausch und Entspannung – einfach Schönes ansehen.


Wie siehst du die Zukunft der Magazinwelt?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwann keine Magazine mehr geben wird. Für mich wäre das ein großer Verlust, weil ich das Blättern liebe. Und das geht hoffentlich vielen anderen auch so. Einige Blätter fahren inzwischen ja zweigleisig, veröffentlichen gedrucktes und virtuelles Wort, betreiben Blogs (Couch, Nido, Brigitte... etc.). Vielleicht ist das die Zukunft?


9 Kommentare:

  1. Ein wunderbarer Einblick mehr in Julias Welt.

    AntwortenLöschen
  2. Eine Zukunft ohne Gedrucktes will ich mir gar nicht vorstellen! Papier hat eine Seele, kein Bildschirm kann das imitieren.
    Da ich allerdings beim weltgrößten Druckmaschinenhersteller beschäftigt bin, spüre ich jeden Tag ganz massiv den Rückgang von Gedrucktem weltweit.

    AntwortenLöschen
  3. Vielen Dank! Auch wenn ich schon einieges über Julia weiß, gibt es mit diesem Interview doch wieder einen neu Facette. Schöne Grüße, Wiebke

    AntwortenLöschen
  4. Ein feines Interview mit Julia - und ein feines Blog, auf das ich gerade erst gestoßen bin (und es bedaure, dass ich gleich weiterarbeiten muss und mich nicht durch deine Beiträge treiben lassen kann ...). Herzlich, Sabine

    AntwortenLöschen
  5. Danke für das schöne Interview und das Lustmachen auf Papier!

    AntwortenLöschen
  6. Liebe Marleen und liebe Julia,
    ganz wunderbare Zeilen.
    Und dazu die farbenfrohen und so detailreichen Bilder.
    Rundum schön!

    AntwortenLöschen
  7. liebe julia, auch ich bin fan deines (edding) schriftbildes :) wieder mal ein interview über einen viertuellen menschen über den ich immer wieder gerne lese.merci hierfür.

    AntwortenLöschen
  8. ein interessantes interview mit lieblingsbildern und einer wunderschönen schrift!

    AntwortenLöschen
  9. ein sehr schönes interview. interessant gefragt und sympathisch geantwortet:)!

    AntwortenLöschen