Ach ja. Frauen wie Indre machen mir Spaß. Indre hat Kinder, Beruf und einen tollen Blog MIMA. Und Geschmack, Gespür, sowie eine kulturwissenschaftliche Antwort auf die Frage nach der Zukunft der Magazinwelt. Nicht zu vergessen ihr Sinn für Illustration. Ja und Bücher schreiben... ihr könnt es euch denken... kann Indre auch.
Liebe Indre, gibt
es Magazine, die Du besonders findest und magst?
Es gibt viele Magazine, die ich besonders finde und
mag. Aber nicht immer fällt „mögen“ und „besonders finden“ zusammen. So lese
ich beispielsweise sehr gerne das Magazin
für nachhaltiges Wirtschaften enorm oder das Magazin für Kunst und Leben Monopol. Beide finde ich inhaltlich und gestalterisch
ausgesprochen gelungen. „Besonders“ i.S.v. „anders“, „eigenwillig“, „erlesen“
oder „apart“ finde ich sie jedoch nicht. In diese Kategorie fallen eher so
genannte Lifestyle-Magazine. Zum Beispiel das kleine feine Magazin toc-toc-toc! aus Frankreich oder
die ebenfalls französischen Magazine Papier Maché und Milk. Auch das schweizerische Kulturmagazin Du und das niederländische DAMn° gehören dazu,
und nicht zuletzt die Kindertseitung von Daria Holme – sie ist in jeder
Hinsicht besonders. Von der Idee bis zur Gestaltung.
Wann wird ein Magazin, dein Magazin?
Ich kaufe Magazine. Immer wieder.
Schnell? Nur wenn ich viel reise. Dann nehme ich mir meist ein bis zwei
Magazine mit und lasse mich inspirieren, während ich über den Wolken fliege oder
die Landschaft an mir vorbeirauscht.
Hast du Tipps für
Magazine/Lektüren mit toller Illustration?
Wunderschön illustrierte Lektüren gibt es bei der Büchergilde Gutenberg. Vor allem ihre illustrierten Bücher und die Tollen Hefte sind ein
Augenschmaus, wie auch die Bücher, die alljährlich von der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet
werden – und der dazugehörige Katalog.
Tolle Illustrationen finden sich aber natürlich auch unter den Kinder- und
Bilderbüchern. Zu meinen Liebsten zählen Das Baumhaus von Marije und
Ronald Tolman und Ente, Tod und Tulpe von Wolf
Erlbruch.
Daneben gibt es viele andere wunderbar gestaltete
Magazine. Die Plattform Eins | Eins | Eins gibt einen schönen
Überblick über die 111 besten Magazine.
Sammelst du Magazine?
Nein. Ich sammle keine Magazine. Aber ich bewahre die schönsten bzw. interessantesten auf. Bevor sie ihre vorläufig letzte Heimat in unserem Schlaf- und Lesezimmer finden, stapeln sie sich hier und da auf dem Boden oder im Zeitungsständer.
Nein. Ich sammle keine Magazine. Aber ich bewahre die schönsten bzw. interessantesten auf. Bevor sie ihre vorläufig letzte Heimat in unserem Schlaf- und Lesezimmer finden, stapeln sie sich hier und da auf dem Boden oder im Zeitungsständer.
Das Bilderbuch Spaziergang mit Mascha war ein Glücksfall. Schreiben und Illustrieren beflügelten sich wechselseitig. Das eine Mal kam mir erst die Zeile, darauf das Bild in den Sinn; das andere Mal war es umgekehrt. Es war ein spielerischer, leichter Schreibprozess, was sicherlich auch daran lag, dass es gänzlich „zweckfrei“ war. Ich hatte nie geplant, das Büchlein zu veröffentlichen. Es sollte einfach eine besondere Erinnerung an eine schöne Zeit sein. Nur für uns. Erst als Freunde und Verwandte mich immer wieder ermunterten, habe ich es im Selbstverlag veröffentlicht. Der Schreibprozess dieses Buchs ist also nicht unbedingt typisch.
Wenn ich an meine Magisterarbeit oder andere
Texte denke, waren das sehr viel anstrengende, zähere Prozesse, in die sich entweder
der Zweifel oder ein/e Lektor/in mischte und den „Schreibfluss“ unterbrach. Ich
erinnere mich an einen Artikel für eine Wissenschaftszeitschrift,
den ich gefühlt 100 Mal überarbeiten musste. Immer wieder bekam ich den Text
zurück, die Seitenränder mit unzähligen roten Kommentaren in kleiner, feiner
Schrift versehen: Was willst du damit
sagen?, Unklare Formulierung, Passivkonstruktion, Substantivierung,
Wichtigtuerisches Fremdwort, Gedanke
ist gut, aber noch nicht verdaut und so fort. Ich konnte meinen eigenen
Text kaum noch ertragen, wollte fast aufgeben. Am Ende ist es eine „runde
Sache“ und bin ich etwas klüger geworden: Sprache ist Material (wie Farbe, Ton,
Holz u.a.) und Schreiben ein Handwerk (wie Malen, Töpfern, Tischlern u.a.), das
zu erlernen und zu verfeinern bisweilen sehr mühsam und zäh ist.
Hast
du einSchriftstück, das dich begleitet?
Seit Jahren steht ein Ordner in meinem Regal, randvoll gefüllt mit alten Texten: Gedichte, Geschichten, Lieder. Geschrieben habe ich sie zwischen 16 und 26 Jahren. Sie nicht unbedingt gut, aber Erinnerungen an intensive Zeiten.
Seit Jahren steht ein Ordner in meinem Regal, randvoll gefüllt mit alten Texten: Gedichte, Geschichten, Lieder. Geschrieben habe ich sie zwischen 16 und 26 Jahren. Sie nicht unbedingt gut, aber Erinnerungen an intensive Zeiten.
Würdest du Patti mit Tinte schreiben? Legst du Wert auf dein Schriftbild?
Ich schreibe gern, aber immer weniger mit der Hand. Das macht sich bemerkbar. Mein Schriftbild leidet. Leider.
Im Umgang mit Stiften bin ich seltsam gleichmütig.
Während ich eigentlich keinerlei Dinge um mich herum ertrage, die nicht meinen
Schönheitskriterien standhalten, kann ich bei Schreibgeräten davon absehen.
Hier steht vor allem die Funktion im Zentrum. Ich greife zu jedem Stift, mit
dem ich gut schreiben kann. Das sind meistens Fineliner oder Bleistifte. Füller
lagen mir schon in der Grundschule nicht gut in der Hand, und nach diversen Anstrengungen
habe ich das mit Anfang 20 schließlich akzeptiert.
Brauchst du eine bestimmte Atmosphäre zum Lesen?
Wenn ich lese, lese ich. Gerne unterwegs, liegend oder im Schneidersitz. Tee und Kerzen sind schön, aber kein Muss.
Wenn ich lese, lese ich. Gerne unterwegs, liegend oder im Schneidersitz. Tee und Kerzen sind schön, aber kein Muss.
Ja. Für mich macht es einen Unterschied.
Meine Blog-Lektüre ist viel flüchtiger. Das liegt vermutlich am Medium. Blogs
sprechen einen Sinn an – den visuellen, man liest sie (in der Regel) von oben
und nach unten und meistens einen Beitrag pro Tag zu einem Thema. Man kann
springen. Von Hyperlink zu Hyperlink – und sich dabei verlieren. Magazine
sprechen mehrere Sinne an: Man kann sie sehen, fühlen, riechen, hören und – sofern
man hineinbeißen mag – auch schmecken. Man liest sie von links nach rechts (und
querfeldein), findet viele Beiträge zu verschiedenen Themen, aber geht nicht so
schnell verloren. Ich möchte keins von beiden missen.
Wie siehst du (ALS
KULTURWISSENSCHAFTLERIN) die Zukunft der Magazinwelt?
Als Kulturwissenschaftlerin? ... hui, das ist nicht einfach ... es ist schon lange her, dass ich die Welt rein aus dieser Perspektive betrachtet habe. Wenngleich sie mir sicher zu eigen geworden ist, hat sie sich auch verändert in den vergangenen Jahren, wurde überlagert, verschoben, ergänzt – vor allem um den wirtschaftlichen Blickwinkel. Und so ist denn meine Einschätzung auch eine Mischung aus beiden Sichtweisen.
Als Kulturwissenschaftlerin? ... hui, das ist nicht einfach ... es ist schon lange her, dass ich die Welt rein aus dieser Perspektive betrachtet habe. Wenngleich sie mir sicher zu eigen geworden ist, hat sie sich auch verändert in den vergangenen Jahren, wurde überlagert, verschoben, ergänzt – vor allem um den wirtschaftlichen Blickwinkel. Und so ist denn meine Einschätzung auch eine Mischung aus beiden Sichtweisen.
Magazine gibt es seit dem 17. Jahrhundert. Ein Leben
ohne sie ist m.E. nicht (mehr) denkbar. Sie befriedigen tiefe menschliche Bedürfnisse
etwa das Bedürfnis nach Zerstreuung und Ablenkung, nach Wissen, Sensation und
Inspiration und zuletzt nach Identität und sozialer Distinktion.
„Zeig mir deine Magazine und sage ich
dir, wer du bist.“ Mit der Wahl meiner Magazine mache ich – wie mit meiner
Kleidung, Einrichtung, Musik etc. – meinen tatsächlichen oder ersehnten sozialen
Status sichtbar und grenze mich zugleich von anderen sozialen Gruppierungen und
ihren Lebensstilen ab. Das gilt für elektronische wie für Printmagazine
gleichermaßen, und ich bin mir nicht zuletzt deshalb sicher, dass beide mehr
oder weniger gleichberichtigt nebeneinander fortbestehen werden. Das e-Mag kann
und wird das Printmagazin noch lange nicht ersetzen, weil es gegenüber dem Printmagazin
einen entscheidenden Nachteil hat: Es vernachlässigt unsere Sinne und unser
tiefes Bedürfnis nach vielfältiger sinnlicher Erfahrung. Wir können es nicht –
wie sein gedrucktes Pendant – riechen, hören, fühlen und schmecken. Und das
wird auch die Cyberwelt nicht so schnell ändern, selbst wenn es ihr gelingt,
die Sinnlichkeit des Papiers zu modulieren – seine Authentizität lässt sich nicht nachbilden.
Aber – und nun kommt die ökonomische Perspektive ins
Spiel – die Magazinwelt wird sich m.E. verändern. Zurzeit spielt sie verrückt, hat
jedes Maß verloren. Rund 6.000 Publikumszeitschriften sind derzeit auf dem
deutschen Markt.* Das ist mehr als die Hälfte als noch vor 15 Jahren.** Nahezu
täglich wird ein neues Magazin ins Leben gerufen. Jedes noch so kleine Interessengebiet
und jede noch so kurzlebige Mode bekommt ein eigenes Magazin. Das ist kein auf
Dauer angelegtes Geschäftsmodell und gerade für den Printbereich ein waghalsiges
Unterfangen. Denn die Zielgruppen sind klein, sie verschwinden mit dem nächsten
Modetrend und mit ihnen die Anzeigenkunden. Die kurzlebige Magazinwelt ist eher
etwas für „Non-Publisher“, wie man neudeutsch die Herausgeber von
Marken-Magazinen (z.B. Acne, COS, H&M) nennt. Für die klassischen
Verlagsmagazine bleibt m.E. die Qualität und Kreativität der wichtigste Erfolgs-
und schlussendlich Überlebensfaktor. Darin bestärkt mich die Chefredakteurin einer
der erfolgreichsten Zeitschriftenneugründungen der letzten fünf Jahre – Ute Frieling-Huchzermeyer von der Landlust:
Die Zukunft des Gedruckten liegt [...]
mehr denn je im Denkhandwerk der Redaktionen: Im Auswählen, Bewerten und im
Wahren der Verhältnismäßigkeit [...]. Print muss in der digitalen Wunderwelt
dem Leser einen Mehrwert bieten. Das Gedruckte ist nicht schneller und bunter,
also muss es in Anmutung und Inhalt auserwählter und tiefgründiger sein.***
Das würde – wenn meine These zutrifft – bedeuten:
Die Magazinwelt wird sich in Zukunft weiter ausdifferenzieren. Während die
Sphäre der gedruckten Verlagsmagazine kleiner, feiner und langlebiger wird,
wird die der e-Magazine breiter, bunter und kurzlebiger. Das könnte der Beginn
einer guten Freundschaft sein ... ;)
Wunderbar!
AntwortenLöschenDanke, euch beiden.
So gern!
Löschenliebe indre
AntwortenLöschendein liebes Wesen
noch bestärkt hierdurch
deine schrift sagt so viel
und: dein heim lässt mich schmelzen
___
danke dafür - liebste marleen!
Bitte, Alma!
Löschenein post, der mich wieder in erstaunen versetzt! über indre, mit wieviel gründlichkeit und begeisterung sie sich themen in der bloggerwelt widmet... und allgemein über das potenzial der denk-und arbeitskraft, die im bloggen steckt!danken möcht ich dir, liebe marleen, für den anstoß:)
AntwortenLöschenherzlichst birgit
da gehe ich in allen teilen mit! vielen dank euch, für das interview! schöne grüße, wiebke
LöschenGenau das wollte ich erreichen - zu gut!
LöschenDanke Marleen für das interessante Interwiev. Indre´s Blog lese ich sehr gerne.
AntwortenLöschenSehr, sehr gern!
LöschenWunderbar, dass ich über Indres Blog nun auch mal auf diesen hier gestoßen bin. Genau meine Welt!
AntwortenLöschenUnd danke für die Inspiration - beim nächsten Mal am Bahnhof such ich mir mal ein unbekanntes Magazin heraus....
Perfekt! Das ist so schön zu hören, Sandra.
Löschenauch mich imponiert indres fundiertes wissen gepaart mit ihrem zeitgeist und gespühr für ästhetik immer wieder aufs neue. merci.
AntwortenLöschenDanke euch für dieses schöne Feedback.
AntwortenLöschenUnd dir, Marleen, für die Einladung!
Herzlich I.